Woran erkenne ich AD(H)S bei mir?
ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung) und ADS (Aufmerksamkeitsdefizitstörung) sind neurobiologische Phänomene, die sich durch eine Vielzahl von Symptomen auszeichnen. Die Erkennung dieser Syndrome bei sich selbst erfordert ein Bewusstsein für die charakteristischen Anzeichen und eine genaue Selbstreflexion über das eigene Verhalten und Erleben. Die folgenden Informationen dienen der Aufklärung, nicht der Selbstdiagnose. Sollten Sie sich in dem Symptombild der AD(H)S wiederfinden, wenden Sie sich für eine professionelle Abklärung an Experten.
Ein häufiges Symptom von ADHS/ADS ist eine eingeschränkte Aufmerksamkeitsspanne. Personen mit dieser Störung können Schwierigkeiten haben, ihre Aufmerksamkeit über einen längeren Zeitraum auf eine bestimmte Aufgabe oder Aktivität zu konzentrieren. Sie können sich leicht ablenken lassen und haben oft Probleme, ihre Gedanken zu organisieren und ihre Zeit effektiv zu nutzen. Auch in Gesprächen oder beim Lesen schweifen die Gedanken ab und es entsteht ein Zustand der Geistesabwesenheit.
Hyperaktivität ist ein weiteres häufiges Merkmal von ADHS, welches sich durch einen übermäßigen Bewegungsdrang, Unruhe und einem ständigen Gefühl der Getriebenheit äußert. Bei Erwachsenen kann sich Hyperaktivität jedoch auch anders manifestieren, z. B. als innere Unruhe oder das Gefühl, ständig beschäftigt sein zu müssen. Viele Betroffene beschreiben das Gefühl als ein „Chaos im Kopf“ oder ein Kopf, der nie still wird. Dementsprechend fällt wirkliche Entspannung oft schwer. Aber auch das Arbeiten am Schreibtisch über eine längere Phase wird als anstrengend oder unmöglich empfunden. Häufig wird dem Bewegungsdrang durch Wippen mit dem Fuß, ständigem Wechseln der Körperposition oder Handbewegungen Luft gemacht.
Auch Impulsivität zählt zu den Hauptkriterien der AD(H)S und äußert sich in spontanen Handlungen oder Kommentaren, ohne ausreichend über die Konsequenzen nachzudenken. Beispielsweise werden Gespräche unterbrochen, weil mit den eigenen Gedanken herausgeplatzt wird, oder eine Lebensentscheidung, wie ein Umzug in eine andere Stadt wird ohne Planung aus dem Bauch heraus entschieden. Nicht selten kommt es zu impulsiven Käufen, die später als unüberlegt eingestuft werden und auch zu finanziellen Problemen führen können. Wie bereits angedeutet, besteht oft eine erhöhte Ungeduld, wodurch auch Wartesituationen an Supermarktkassen, Ampeln oder Bahnsteigen quälend sein können.
Ein weiteres Anzeichen von ADHS/ADS können Probleme mit der Selbstorganisation sein. Betroffene können Schwierigkeiten haben, Termine einzuhalten, Aufgaben zu planen und zu erledigen. Sie neigen möglicherweise dazu, Dinge aufzuschieben, zwischen angefangenen Aufgaben hin und her zu springen, ohne eine Aufgabe tatsächlich zu beenden. Sie sind oft vergesslich und verlieren oder verlegen Gegenstände wie Schlüssel, Portemonnaie oder Telefon.
Des Weiteren sind schnelle Stimmungsschwankungen in den positiven und negativen Bereichen typisch. So können Phasen der Angetriebenheit mit erhöhtem Redebedarf und Phasen mit starken Selbstzweifeln und Trauer regelmäßiger Bestandteil des Lebens mit ADHS sein. Auch Wutausbrüche über vermeintliche Kleinigkeiten und eine generell leichte Reizbarkeit können Symptome der AD(H)S sein.
Interessant ist der sogenannte Hyperfokus, ein Zustand, der bei einigen Menschen mit ADHS auftritt und sich durch eine übermäßige Konzentration auf eine bestimmte Aufgabe, Aktivität oder Interesse manifestiert. Im Gegensatz zur typischen Schwierigkeit von Menschen mit ADHS, ihre Aufmerksamkeit aufrechtzuerhalten und von einer Aufgabe zur anderen zu springen, erleben sie während des Hyperfokus eine intensive und anhaltende Konzentration auf eine einzige Aktivität. Während des Hyperfokus können betroffene Personen oft stundenlang an einer Aufgabe arbeiten, ohne sich der Zeit bewusst zu sein oder Ablenkungen wahrzunehmen. Sie können in dieser Phase äußerst produktiv sein und zeigen oft ein hohes Maß an Leistungsfähigkeit und Kreativität. Für betroffene Personen kann Hyperfokus sowohl positive als auch negative Auswirkungen haben. Auf der positiven Seite ermöglicht es ihnen, komplexe Aufgaben effektiv zu bewältigen und herausragende Leistungen zu erbringen. Es kann auch ein Gefühl der Erfüllung und Zufriedenheit bringen, da sie in der Lage sind, in ihrem Element zu sein und ihre Fähigkeiten voll auszuschöpfen. Auf der negativen Seite kann Hyperfokus dazu führen, dass betroffene Personen andere wichtige Aufgaben vernachlässigen oder so stark in ihre Aktivität vertieft sind, dass sie ihre Bedürfnisse nach Schlaf, Ernährung oder sozialer Interaktion ignorieren. Dies kann zu einem Ungleichgewicht im Leben führen und langfristig zur Erschöpfung oder Überlastung führen.
Es ist wichtig zu beachten, dass nicht alle Symptome bei jedem Betroffenen gleich stark ausgeprägt sind. Einige Personen können mehr unter Aufmerksamkeitsproblemen leiden, während andere stärker von Hyperaktivität betroffen sind. Zudem können sich die Symptome im Laufe des Lebens verändern und sich bei Erwachsenen oft anders zeigen als bei Kindern, da die Anforderungen sich über die Lebensspanne stetig verändern.
Wenn Sie vermuten, dass Sie an ADHS/ADS leiden könnten, ist es ratsam, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Fachärzte, wie Psychiater oder Neorologen, sowie Psychotherapeuten und Psychologen, können eine umfassende Diagnostik durchführen und eine angemessene Behandlung empfehlen. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung können dazu beitragen, die Symptome zu lindern und den Betroffenen zu einem besseren Umgang mit ihrer Störung zu verhelfen.
Selbsttests für ADHS, die online verfügbar sind, können als erste Anlaufstelle für Personen dienen, die sich Sorgen um mögliche Symptome der Störung machen. Allerdings sollten diese Tests nicht als alleiniges Diagnoseinstrument betrachtet werden, da sie mehrere Einschränkungen aufweisen, die eine zuverlässige Einschätzung erschweren. Viele Online-Selbsttests sind nicht standardisiert und validiert, was bedeutet, dass ihre Zuverlässigkeit und Validität nicht ausreichend geprüft wurden. Ohne eine solide wissenschaftliche Validierung können die Ergebnisse dieser Tests ungenau oder irreführend sein. Außerdem können Selbsttests für ADHS nicht das Fachwissen und die Erfahrung einer qualifizierten Fachperson ersetzen. Selbsttests können dazu neigen, falsch positive oder falsch negative Ergebnisse zu liefern, was bedeutet, dass sie entweder eine Störung fälschlicherweise diagnostizieren oder sie übersehen können. Dies kann zu unnötiger Angst oder zur Verzögerung der notwendigen Behandlung führen. Ferner besteht die Gefahr, dass Selbsttests dazu führen können, dass Menschen sich selbst diagnostizieren und sich aufgrund von ungenauen Informationen über ihre Symptome Sorgen machen oder unangemessene Maßnahmen ergreifen, wie den Einsatz von Medikamenten ohne ärztliche Aufsicht.
Abschließend ist es wichtig, dass eine qualifizierte Fachperson eine umfassende Evaluation durchführt und eine angemessene Behandlung empfiehlt, die auf den individuellen Bedürfnissen basiert.